Kritische Strategien zu Kunst und Urheberrecht
Felix Stalder
Publiziert in: Kunstforum, Bd. 201 (März/April, 2010), s.110-117
Seit bald 150 Jahren soll das moderne Urheberrecht (UHR) den Umgang mit „Werke[n] der Literatur, Wissenschaft und Kunst“ (§ 1, des aktuellen deutschen Urheberrechtsgesetz) regeln. Rund 100 Jahre zurück reichen die Anfänge der avantgardistischen Subversion bürgerlich-romantischer Konzeptionen von „KünstlerIn“ und „Werk“, die auch dem UHR zugrunde liegen. Durch die Einführung des Prinzips Zufall, die Verwendung bestehender kultureller Artefakte, die Betonung der Rolle des Unterbewussten, oder die direkte Intervention in soziale Prozesse wurde die Vorstellung des autonomen, aus sich selbst schöpfenden Subjekts von allen Seiten untergraben. Dessen ungeachtet propagierte der expandierende Kunstmarkt genau dieses KünstlerInnenbild. Vor diesem Hintergrund ist es fast erstaunlich, dass das Urheberrecht selbst erst sehr spät im Feld der Kunst direkt relevant wurde. Der erste große Gerichtsfall fand 1990-92 statt. Der Photograph Art Rogers verklagte den Künstler Jeff Koons, weil dieser nach Vorlage einer Postkarte von Rogers (Puppies, 1986) eine Skulptur (A String of Puppies, 1988) anfertigen ließ und in der Ausstellung Ushering in Banality präsentiert hatte. Im Kern ging es um die Frage, ob es sich hierbei um eine legitime künstlerische Strategie (die sich auf das US-amerikanische Recht des fair use berufen könne) oder um eine unautorisierte Werkbearbeitung handle. Koons verlor den Prozess sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz und sah sich bald mit einer Fülle von Klagen konfrontiert, die konzeptuell vergleichbare Werke betrafen.
New Ideas – Old Tricks
Band 156, August – Oktober 2001, Seite 379, Ausstellungen
Kunstforum
DORTMUND
Sven Drühl
New Ideas – Old Tricks
hARTware projekte, Dortmund, 11.5. – 1.7.2001
Die Fortschrittsgläubigkeit ist auf dem Höhepunkt angelangt. Allerorts wird von "global networking", von Konsortien, Fusionen, kultureller Integration und dem Zulassen von Differenz geredet. In Wahrheit wird jedoch nur zugelassen, was sich dem System anpasst, d.h. Sieg des Kapitalismus auf ganzer Linie. Der angeblich so überaus weltoffene Nebenschauplatz Kulturaustausch gleicht dabei viel zu oft einer exotistischen Freakshow. Das vielgepriesene Andere ist in Wahrheit bloß da gefragt, wo es gerade nicht anders ist. In der aktuellen Ausstellung "New Ideas – Old Tricks" der Dortmunder hARTware projekte gehen die Kuratoren Hans Christ und Iris Dressler dem neuen Heilsversprechen – der Globalisierung – nach und klären über ideologisch motivierte Lügen und verkrustete Strukturen auf. Aus diesem kultur- und gesellschaftskritischen Anspruch der Ausstellungsmacher leitet sich auch die Künstlerauswahl der Schau ab.